Geschichte

Esperantisten im Spanischen Bürgerkrieg

Ulrich Lins

(Auf Esperanto)
(En français)
(En español)

Der Artikel erschien zum ersten Mal 1993 im Buch "Illustrierte Geschichte der Arbeiter-Esperanto-Bewegung - Den Arbeitern aller Länder eine Sprache!". (*)

Der Spanische Bürgerkrieg gehört zu den aufwühlendsten Ereignissen dieses Jahrhunderts - nicht nur weil einige hunderttausend Spanier in ihm ihr Leben verloren, sondern auch wegen seiner Wirkung über die Grenzen Spaniens hinaus. Bekanntlich hatte dieser Krieg einen Doppelcharakter: Er war sowohl ein Kampf unter Spaniern wie auch ein Zusammenprall äußerer Mächte und feindlicher Ideologien. Zu denen, die sich in ihm engagierten, gehörten die Esperantisten.

Wir wissen nur wenig über die politischen Neigungen der spanischen Esperantisten. Es gibt keine Statistik über ihr Verhalten bei den Wahlen vom Februar 1936, die die sog. Volksfront-Regierung an die Macht brachten. Vermutlich war es ähnlich wie in anderen europäischen Ländern: Die Esperanto-Bewegung als Ganzes verhielt sich gegenüber politischen und gesellschaftlichen Fragen neutral. Man vertraute darauf, daß die Ausbreitung des Esperanto zur Solidarisierung von Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft, Meinung und politischer Präferenzen führen müßte. Vor 1936 wurde die Einheit der spanischen Bewegung kaum von der Polarisierung bedroht, die das politische Leben prägte und sich schließlich in dem Aufstand der von Francisco Franco geführten rechtskonservativen Kräfte entlud.

Wenn es unter den Esperantisten in Spanien einen Konflikt gab, so vor allem den zwischen den Verfechtern des Zentralstaates und den sog. Autonomisten. Besonders die Katalanen neigten stets stark dazu, ihr Engagement für Esperanto mit der Verteidigung des Katalanentums zu verbinden. Sie hatten damit Erfolg, wenngleich ihr Wirken von den Behörden oft als separatistisch verdächtigt wurde. Auch dem Spanischen Esperanto-Bund mißfiel der Wunsch der katalanischen Esperantisten, die Beziehungen zur internationalen Bewegung direkt, nicht über Madrid, zu pflegen.

Dagegen gab es in Spanien kaum den Gegensatz zwischen Arbeiter-Esperantisten und "Neutralen", der etwa in der Weimarer Republik oder in Frankreich eine wichtige, häufig fruchtbare Rolle gespielt hatte. 1928 verabschiedete die Sozialistische Partei eine Parteitagsentschließung zugunsten des Esperanto-Unterrichts an kulturellen Instituten der Arbeiter. Dies aber blieb in der Praxis weitgehend ohne Folgen. Es kam nicht einmal zur Gründung eines landesweiten Verbandes der Arbeiter-Esperantisten.

Um wenigstens einigermaßen zu einem Verständnis der politischen Neigungen zu gelangen, die ein großer Teil der spanischen Esperantisten bei Ausbruch des Bürgerkriegs besaß, möchte ich die Aufmerksamkeit auf einen Mann lenken, der im Krieg und in der Bewegung eine wichtige Rolle gespielt hat: Julio Mangada Rosenörn (1877-1946).

Julio MangadaMangada, auf Kuba geboren, lernte Esperanto im Jahre 1906, als er bereits seine militärische Karriere begonnen hatte. 1911 war er Mitbegründer einer Freimaurerzeitschrift, die auf spanisch und Esperanto erschien. Diese wurde ein Jahr später von der Zeitschrift "Homaro" (Menschheit) abgelöst, in der Mangada 1913 Zamenhofs Entwurf einer Menschheitsreligion (homaranismo) veröffentlichte. Auf seine Initiative hin wurde 1925 der Spanische Esperanto-Bund gegründet, der zentralistisch eingestellt war. Mangada, lange Jahre Präsident des Bundes, hielt Lehrgänge ab, übersetzte viel, schrieb Esperanto-Gedichte und machte sich so in Spanien und im Ausland einen Namen als herausragender Vertreter der spanischen Esperanto-Bewegung.

Im Juli 1936 gehörte Mangada zu den republikanischen Offizieren, die sich den Aufständischen um Franco entschieden widersetzten. Er übernahm die Führung von Freiwilligen aus dem Volk, die sich in aller Eile zu einer Truppe zusammenschlossen, und half mit, die erste Bedrohung Madrids abzuwenden; die Bewohner feierten ihn als Volkshelden1. Daß Mangada, inzwischen zum General befördert, ohne Zögern für die Republik kämpfte, war für die Öffentlichkeit nicht überraschend. 1932, ein Jahr nach Ausrufung der Republik, hatte er Aufsehen erregt, als er auf einem Bankett mit hohen Armeeführern Protest gegen einen General erhob, der seine Ansprache mit "Es lebe Spanien!" statt mit der neuen Formel "Es lebe die Republik!" beendet hatte2.

So konnte es auch die spanischen Esperantisten nicht verwundern, daß sich Mangada sofort und sehr aktiv in dem gnadenlosen Kampf zwischen der Regierung und ihren traditionalistischen Gegnern engagierte. Sie wußten, daß Mangada seinen Beruf und seinen Einsatz für Esperanto sehr gut miteinander vereinbaren konnte. Zamenhofs "homaranismo" hatte er viel begeisteter aufgenommen als seine Kollegen in anderen Ländern. Nach dessen Tod sprach er vom "größten Heiligen unserer Zeit", und 1933 erläuterte er in einer Rede, Esperantist sei er, weil Esperanto die Idee wahrer Brüderlichkeit enthalte und durch weltweite Anwendung als ein sehr wirksames Mittel gegen den unseligen Krieg diene.

Einen Mann mit solchen Überzeugungen hatten die Mitglieder des Spanischen Esperanto-Bundes mehrfach zu ihrem Präsidenten gewählt, wohl wissend, daß er sich schon wegen seines Freimaurertums von den Mächtigen in der spanischen Gesellschaft abhob. Mangadas Beitrag zur Mobilisierung der Esperantisten für die Republik ist daher hoch einzuschätzen. Bei vielen bedurfte es vielleicht keines Drucks, da sie aufgrund ihrer bürgerlich-liberalen oder sozialistischen Gesinnung ohnehin für die Regierung waren. Aber wer schwankte, der konnte nicht außer acht lassen, daß an vorderster Front gegen die Rebellen ein Mann kämpfte, der seinem Handeln konsequent Werte von Esperantisten zugrunde legte.

Esperantisten aus der ganzen Welt, handelt energisch gegen den internationalen Faschismus!Wenn Mangada den spanischen Esperantisten ein Beispiel zu geben versuchte, so riefen andere die Esperantisten außerhalb Spaniens zur Unterstützung auf. "Esperantisten aus der ganzen Welt, handelt energisch gegen den internationalen Faschismus!", heißt es auf einem Plakat, das zeigt, wie aus Deutschland und Italien Fäuste mit Dolchen Spanien angreifen. Das von der Regierung Kataloniens herausgegebene Plakat illustriert den internationalen Charakter des Spanischen Bürgerkrieges, den eines Ringens um die Überlegenheit von Demokratie oder Diktatur, von Sozialismus oder Faschismus, von nationaler Unabhängigkeit oder Kolonialisierung, von Zivilisation oder Barbarei. "Informa bulteno" herausgegeben von CNT

Seit Januar 1937 erschienen auch esperantosprachige Pressebulletins der katalanischen Regierung. Der Rundfunk sendete in Esperanto. Von den politischen Gruppen, die sich der Sprache bedienten, waren die Anarchisten am aktivsten. In den ersten Monaten nach dem Juli 1936 hatten die Anarchisten - zum Teil mit Erfolg - versucht, den Widerstand gegen die Rebellion in eine soziale Revolution zu verwandeln, wobei es zu Grausamkeiten kam, die auf das Ausland nicht weniger schockierend wirkten als die Blutorgien der Franquisten.

In anderen Teilen Spaniens waren Arbeiter-Esperantisten ebenfalls aktiv geworden, besonders in Valencia. Dort hatte 1934 der Weltkongreß der Arbeiter-Esperantisten stattgefunden - mit fast 400 Teilnehmern aus 13 Ländern. Am 1. November 1936 erschien im Namen der Arbeiter-Esperantogruppe von Valencia die erste Nummer der Zeitschrift "Popola Fronto". Der Untertitel lautete: "Internationales Informationsbulletin über den spanischen Kampf gegen den Faschismus". Tatsächlich spiegelte der Inhalt die Internationalisierung des Krieges wider, die durch die Ankunft der ersten internationalen Brigade von Freiwilligen im Oktober besonders eindrucksvoll verdeutlicht wurde.

Zeitschrift "Popola Fronto"Die "Popola Fronto" verlangte keinen Bezugspreis, sondern bat die Leser um Spenden. Obwohl Valencia im November 1936 Regierungssitz wurde, behauptete die Zeitschrift, sie werde allein von "armen Arbeitern" finanziert. Der Inhalt glich weitgehend dem eines Regierungsorgans - die meisten Beiträge erschienen ohne Unterschrift und waren offensichtlich aus dem Spanischen übersetzt. Allerdings erschienen auch von den Redakteuren - verfaßte Artikel. Alte Beiträge hatten das Ziel, auf die Bedeutung des Krieges aufmerksam zu machen, Verständnis für die gerechte Sache der Republikaner zu wecken und zur weltweiten Solidarität im Kampf gegen die Aufständischen und ihre ausländischen, faschistischen Helfer aufzurufen. Dementsprechend war der Stil der "Popola Fronto" sehr kämpferisch. In der Esperanto-Presse hatte es bis dahin kaum ein Blatt gegeben, in dem sich in so hohem Maße gute Sprache und kraftvoller Stil verbanden. Die "Popola Fronto" verdankte dies vor allem ihrem Chefredakteur Luis Hernández Lahuerta (1906-1961). Hernández, Lithograph und Autodidakt, hatte sich 1934 als Hauptverantwortlicher für die Organisation des Kongresses einen Namen gemacht; er war ein Schriftsteller mit "lyrischem Temperament" und ein Redner mit geradezu "verschwenderischem Bilderreichtum". Luis Hernández Lahuerta

Der Erfolg der "Popola Fronto" zeigte sich an der steigenden Leserzahl. Erst waren es 3000, bald 5000. Spenden trafen reichlich ein. Die Leserreaktion war lebhaft, auch aus der Sowjetunion, wo zur gleichen Zeit die Unterdrückung des Esperanto einsetzte, und aus China, wo Esperantisten in ihren Periodika gegen die japanische Aggression ankämpften und das Erscheinen einer geistesverwandten Zeitschrift in Spanien besonders begrüßten. In den Niederlanden vertrieben Esperantisten eine holländische Ausgabe der "Popola Fronto".

Die "Popola Fronto" informierte auch über die nicht wenigen Esperantisten, die in den Reihen der Internationalen Brigaden mitkämpften3. Auch Verluste wurden gemeldet. Dabei ging es nicht nur um den Tod im Feld. Im März 1937 wurde eine gegnerische Radiomeldung wiedergegeben, wonach in Córdoba Esperantisten zusammen mit anderen (z.B. Freimaurern) erschossen worden seien. Diese Nachricht rief im Ausland Bestürzung hervor. Katholische Esperantisten wandten sich direkt an Franco, der daraufhin bestritt, etwas gegen Esperanto zu haben.

Vermutlich herrschte unter den Esperantisten im Ausland Sympathie für die Republikaner vor, und sei es nur deswegen, weil sie annahmen, daß deren Sieg das Weiterbestehen demokratischer Werte (und der Esperanto-Bewegung) gewährleiste. Da das NS-Regime 1936 gerade jede Tätigkeit für Esperanto verboten hatte, ließ sich leicht argumentieren, daß ein Sieg Francos auch den Untergang des Esperanto in Spanien bedeuten würde. Trotz der politischen Neutralität der Esperanto-Bewegung reagierten die Teilnehmer der Weltkongresse in Warschau (1937) und London (1938) mit starkem Applaus auf Grußbotschaften der katalanischen Regierung.

Denoch blieb der Erfolg der "Popola Fronto" begrenzt. Dies lag nicht nur am ungünstigen Verlauf des Krieges. Ihre Wirkung wurde auch von den politisch-ideologischen Zusammenstößen im eigenen, republikanischen Lager beeinträchtigt. 1937 verschärfte sich der Konflikt zwischen den Anarchisten, die besonders in Katalonien ihre revolutionären Errungenschaften schützen wollten, und den Kommunisten, die wie auch die übrigen Mitglieder der Volksfrontregierung in der Revolution eine Gefährdung des vorrangigen Ziels, des militärischen Sieges, sahen. Höhepunkt des Konflikts waren die Mai-Ereignisse in Barcelona, wo die Kommunisten nicht nur die Anarchisten blutig verfolgten, sondern die Gelegenheit dazu nutzten, die ihnen zutiefst verhaßte antistalinistische "Arbeiterpartei der Marxistischen Einigung" (POUM) zu liquidieren. Mitglieder der sowjetischen Geheimpolizei halfen bei dieser blutigen Säuberung mitten im Krieg.

Die Ereignisse in Barcelona wurden in der "Popola Fronto" im Einklang mit der Linie der Kommunisten ein Aufruhr von Hitler-Agenten genannt, den die Verantwortlichen "unter dem Applaus der ganzen antifaschistischen öffentlichen Meinung" erstickt hätten. In bezug auf den POUM gab sie die tödlich wirkende Beschuldigung wieder, es handele sich um Spionage im Dienst der Faschisten. Wenig später jedoch konnte sich Hernández persönlich einen Eindruck davon verschaffen, wie verheerend sich die Berichte über Kämpfe der Antifaschisten untereinander auf die Haltung ausländischer Esperantisten auswirkten. Auf dem 17. Weltkongreß der Arbeiter-Esperantisten in Rotterdam (31. Juli bis 5. August 1937) mußte er sich unangenehme Fragen nach der Inhaftierung katalanischer Revolutionäre und scharfe Kritik an verleumderischen Beiträgen der "Popola Fronto" anhören. Auch in der Presse der Arbeiter-Esperantisten erschienen ausführliche Beiträge über die Verfolgung der Anarchisten in Spanien.

Nach Valencia zurückgekehrt beschrieb Hernández (er selbst war Kommunist) die Position der "Popola Fronto" als undogmatisch und überparteilich. "Unser Klassenkampf ist sanft genug, um von vielen liberalen Neutralen günstig aufgenommen zu werden", suchte er zu beruhigen. Keine ernsthafte Arbeiterorganisation werde von der Regierung verfolgt. Aber er verringerte seine Glaubwürdigkeit mit einem anderen Kommentar, in dem er einen Erlaß der Regierung rechtfertigte, der jegliche Kritik an der Sowjetunion untersagte. Offensichtlich trafen bei der "Popola Fronto" immer häufiger skeptische Fragen von Lesern ein. Die Redaktion verhehlte nicht, wie schmerzlich sie die sich weitende Kluft empfand, und bekannte, die Polemik sei ihr "überaus unangenehm", da sie die Unterstützung durch die liberale Weltmeinung schwäche, auf die das spanische Volk so angewiesen sei.

Im Januar 1938 brachte die Pariser "Sennacieca Revuo" einen Artikel, der mit dem Satz schloß: "Um Franco zu besiegen, muß Stalin besiegt werden." Die "Popola Fronto" schlug wütend zurück, der Verfasser sei von Franco bezahlt, ohne aber den Satz zu zitieren oder den Versuch zu machen, die in dem Artikel enthaltenen Aussagen über eine Ausbeutung Spaniens durch die Sowjetunion zu widerlegen.

Die Redakteure der "Popola Fronto" hatten zunehmend unter schwierigen Bedingungen zu arbeiten. Mit Melancholie erinnerten sie sich der ersten Zeit, da "die Tragödie noch in ihrer romantischen Phase" war. Hernández und einige andere Mitarbeiter wurden eingezogen. Im Mai 1938 ging die Zeitschrift von zweiwöchentlicher zu monatlicher Erscheinungsweise über. Mitte November 1938 begannen die Internationalen Brigaden sich aus Spanien zurückzuziehen. Die Republikaner hofften, daß nun Deutschland und Italien ihre Unterstützung für Franco reduzieren würden. Tatsächlich aber wurden dessen Truppen immer stärker.

Im Januar 1939 erschien die "Popola Fronto" nur noch mit vier Seiten und auf sehr schlechtem Papier. Ende März war der Krieg zu Ende. Die spanische Regierung unterlag den Aufständischen, denen zwei auswärtige Mächte zu Hilfe gekommen waren. Sie ging aber auch zugrunde an der Nichteinmischung der westlichen Demokratien, der erpresserischen Politik der Sowjetunion und eigenen inneren Widersprüchen. Julio Mangada mußte seine Heimat eiligst verlassen; er floh zunächst nach Algerien, von wo er später, auch dank der Hilfe von Esperantisten, nach Mexiko weiterreisen konnte. Zuvor schon waren nach Frankreich die ausländischen Esperantisten geflohen, die in den Internationalen Brigaden gekämpft hatten. In Spanien selbst setzte eine Verfolgungswelle ein, der auch viele mit der Volksfront sympathisierende Esperantisten zum Opfer fielen. Zu den Inhaftierten zählte Luis Hernández. Es gab zwar Esperantisten, die aufgrund ihrer Stellung unter dem neuen Regime das Leben bedrohter Sprachfreunde retten konnten, aber die Esperanto-Bewegung mußte für fast zehn Jahre schweigen.

"Spanien war ihre Hoffnung", lautet der Titel eines Buches über den Beitrag der Linken zur Spanischen Republik4. Esperantisten gehörten zu den hoffnungsvollen Fortschrittlichen. Sie brachten in den Kampf gegen Franco ihre spezifische - esperantistische - Begeisterung ein. Sicher ließen sich Männer wie Mangada und Hernández für ihren Kampf nicht allein vom Esperanto inspirieren. Aber es nahm für sie doch eine wichtige, motivierende, ja messianische Rolle ein. Vom Ergebnis abgesehen bleibt es bemerkenswert, welche Begeisterung das Esperanto für die Sache der Republik erzeugen konnte.

Die Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Müssen wir demnach resümierend feststellen, daß auch der Beitrag der Esperantisten gescheitert ist? Das Schicksal Mangadas, Hernández und vieler anderer legt eine bejahende Antwort nahe, wenngleich dies nicht von Respektbekundungen für ihr Wirken abhalten sollte. Es ist nicht zu leugnen, daß ihre Begeisterung auch Widersprüche überdeckte, Verfälschungen erlaubte und Irrtümern Vorschub leistete. Auf der anderen Seite förderte sie - teils widerwillig - die Diskussion: Unter den Esperantisten wurde heftig über die Bedeutung des Krieges gestritten. Vielleicht steckt gerade in dieser Diskussion das wichtigste Vermächtnis des Einsatzes der Esperantisten "für Spanien": Sie war insofern von Nutzen, als sie die Augen der Esperantisten darüber zu öffnen begann, daß sich die progressiven Kämpfer gegen den Faschismus selbst diskreditieren, wenn sie mit einer antihumanen Ideologie anderer Couleur ein Bündnis eingehen. Bedenkt man, wie verblendet das linke Lager in den Jahren vor Abschluß des Hitler-Stalin-Paktes war, so ist dies kein geringes Ergebnis.

Anmerkungen

(*) "Illustrierte Geschichte der Arbeiter-Esperanto-Bewegung - Den Arbeitern aller Länder eine Sprache!". Fritz-Hüser-Institut für deutsche und ausländische Arbeiterliteratur, Dortmund, 1993. Dortmund 1993, S. 84-90.

1 Hugh Thomas, Der Spanische Bürgerkrieg, 2. Aufl., Berlin 1964, S. 164; Manuel Tuñón de Lara u.a., Der Spanische Bürgerkrieg. Eine Bestandsaufnahme, Frankfurt a.M. 1987, S. 306 f.

2 Thomas, S. 61.

3 Besonders stolz war die "Popola Fronto" auf den in den Brigaden aktiven deutschen Schriftsteller Ludwig Renn (1889-1979), der Esperanto gelernt hatte. (Renn war Vorsitzender des 1931 gegründeten Internationalen Bundes revolutionärer Esperanto-Schriftsteller.) - In Nr. 29 (1.1.1938) der "Popola Fronto" ist der Aufruf eines deutschen Brigadisten an die Arbeiter-Esperantisten abgedruckt; von seinem Namen sind nur die Initialen E.B. angegeben.

4 Patrick von zur Mühlen, Spanien war ihre Hoffnung. Die deutsche Linke im Spanischen Bürgerkrieg 1936 bis 1939, Berlin, Bonn 1985.

Ulrich Lins.
Siehe auch (auf Spanisch).